Die Sache mit der Grinsekatze

Text und Bild von Dotti am 02. September 2022

Seit einigen Jahren schon schicke ich meinen Eltern jede Woche eine Postkarte nach Hause, obwohl wir uns regelmäßig sehen. Es ist einfach eine kleine, alltägliche Aufmerksamkeit. Seit mein Vater verstorben ist, bekommt nun meine Mutter die Karten, oft selbstgemacht mit Bibelversen, schönen Sinnsprüchen und kleinen Kunstwerken. Neulich packte mich der Schalk im Nacken und ich malte ihr eine kleine Grinsekatze, steckte sie in den Umschlag und klebte eine Briefmarke drauf. Zwei Tage später kam ein Anruf: „Das ist die schönste Karte, die ich je von dir bekommen habe.“ Im ersten Moment war ich ein wenig angefasst, denn was war mit all den wohldurchdachten Karten, den Kunstwerken, die Bildern und den wichtigen Versen? Ich hatte mich doch so bemüht, „wertvolle“ Inhalte weiterzugeben.

Aber dann hab ich gemerkt, dass das, was ich male, verschenke und weitergebe in erster Linie nicht mir gefallen oder meinen Ansprüchen gerecht werden muss, sondern allein demjenigen, der es bekommt. Oftmals zählt auch nur die Geste: „Du hast mich gesehen!“, „Ich bin dir wichtig!“
Seit diesem kleinen Erlebnis mit meiner Mutter, über das ich heute schmunzeln kann, bin ich entspannter geworden und weniger selbstkritisch. Ich lerne immer mehr, dass der Gedanke zählt und dass dieser eine Gedanke beim anderen ankommt… und wenn es nur eine kleine Grinsekatze ist.

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