Durch dunkle Täler gehen

Geschrieben von Dotti am 06. August 2021

Psalm 23. Wer kennt ihn nicht?

Ich kenne ihn auswendig. Schon tausendmal gelesen, in schlaflosen Nächten gebetet, gesungen und gemalt. Und auch wenn ich diesen Psalm so lang kenne wie ich denken kann, gibt es immer wieder Momente, in denen Gott sein Licht auf einen bestimmten Vers scheinen lässt und ihn mir neu öffnet.

Vers 4: „Auch wenn ich durch das dunkle Tal des Todes gehe, fürchte ich mich nicht, denn du bist an meiner Seite. Dein Stecken und Stab schützen und trösten mich.“

Zu diesem Vers habe ich kürzlich dieses Bild gemalt, für mich bildlich dargestelltes Vertrauen: an der Hand Gott durch die Nacht zu gehen und zu wissen, dass ich mich nicht fürchten muss.

Das ist natürlich in der heutigen Zeit nicht so leicht gesagt, wo Krankheit, Einschränkungen, wirtschaftliche Sorgen und der anstrengende Alltag uns bedrohen. Wir sind mit unserer Geduld und Kraft am Limit. Und das schon lange. Für mich war die Zeit der Pandemie ein Wechselbad zwischen Sorge, Vertrauen, Angst und Hoffnung.

In dieser Zeit habe ich eine Predigt von Inka Hammond gehört, die sie zu Beginn der Pandemie im Gebetshaus Augsburg zum Thema „In Krisen aufblühen“ gehalten hat und sie hat auch über diesen Vers gesprochen. Sie sagte dazu: „David sagt in diesem Psalm nicht, dass er im finsteren Tal verweilen oder ein Zelt aufschlagen will. Er sagt, er wird durch dieses Tal an der Hand des Hirten hindurch gehen.“ Das hat mich ganz neu berührt, weil ich in Krisenzeiten sehr oft das Gefühl hab, ich komme nicht mehr raus. Ich richte mich in der Situation häuslich ein, anstatt alles dranzusetzen, hinauszutreten. Und da sind dann Hoffnungslosigkeit, Selbstmitleid, Verzweiflung und Anklage meine ständigen Gäste.

Aber nicht, wenn der gute Hirte zur Tür hereinkommt. Der bleibt nämlich nicht, der sieht sich um, fragt mich, warum ich meine Sachen noch nicht zusammengepackt hab und lässt beim Rausgehen die Tür offen. Sein Stecken und Stab bedeuten Schutz und Halt. Mir kann nichts passieren und ich kann nicht fallen. Na gut, fallen schon, aber ich steh dann halt wieder auf. Wenn das einer wusste, dann David. Er hat in seinem Leben mehr als genug Krisen durchgemacht und die wenigsten dürften nur ein oder zwei Jahre angehalten haben. Und trotzdem hat er diesen Psalm geschrieben.

© Bunte Auen e.V.